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Die Veröffentlichung eines detaillierten Plans der FDP für einen Ausstieg aus der Ampelkoalition hat in Deutschland eine Welle der Empörung ausgelöst. Sowohl die SPD und die Grünen als auch die CDU und sogar Mitglieder der FDP selbst üben scharfe Kritik. Der Druck auf FDP-Chef Lindner nimmt stetig zu.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sieht sich durch das Papier in seiner Entscheidung bestätigt, den damaligen Finanzminister Christian Lindner zu entlassen. Sein Sprecher betonte, Scholz habe richtig gehandelt. Ob Scholz jedoch bereits vor der Entlassung von Lindners Plänen wusste, blieb offen.
Das Papier skizziert einen idealen Zeitpunkt für den Ausstieg aus der Koalition Mitte der 45. Kalenderwoche (4. bis 10. November). Tatsächlich löste Scholz die Koalition am 6. November auf, indem er Lindner entließ.
Der aggressive Ton des Papiers, in dem von einem “D-Day” und einer “offenen Feldschlacht” die Rede ist, führte zum Rücktritt des FDP-Generalsekretärs Bijan Djir-Sarai und des FDP-Bundesgeschäftsführers Carsten Reymann. Die SPD bezeichnete Djir-Sarais Rücktritt als “Bauernopfer”, um Lindner zu schützen. Die Grünen kritisierten die FDP scharf und warfen ihr vor, das Vertrauen in die Politik zu schädigen. Die CDU sieht die FDP nach den Ereignissen als nicht mehr koalitionsfähig.
Auch innerhalb der FDP selbst gibt es Kritik. Die Vorsitzende der Jungen Liberalen forderte Djir-Sarais Rücktritt. FDP-Präsidiumsmitglied Marie-Agnes Strack-Zimmermann fordert eine Aufarbeitung der Fehler. Lindner selbst bestritt, von dem Papier gewusst zu haben, räumte aber ein, einen Ausstieg aus der Koalition in Betracht gezogen zu haben. Er betonte jedoch, seinen Vorschlag an Scholz sei ein gemeinsamer Weg in Neuwahlen gewesen, falls keine Einigung mehr möglich sei.